Die Krux mit der Manifestation

Ein Manifest ist eine öffentliche Erklärung, eine Bekundung, ein Programm oder sogar eine Rechtfertigungsschrift. Dass dieser Begriff vom Lateinischen Manifestus – handgreiflich, offenbar und augenscheinlich – kommen soll, wissen wohl die wenigsten. Manifestieren bedeutet demnach so viel wie offenbaren, bekunden oder deutlich machen. Mehr nicht.

In der alternativen Szene wird der Begriff Manifestieren gerne fantasievoll umgedeutet und erweitert und hat geradezu den Nimbus eines Zauberwortes. Mit Manifestation lassen sich deine Wünsche und Träume erfüllen, mit Manifestation wird man reich, glücklich und gesund. Die Palette an Versprechungen ist weitaus größer als es Farben gibt.

Doch wie funktioniert es?
Manifestation ist eine Technik, sich zukünftige Dinge oder Zustände zu erdenken. Wer also bald einen Lamborghini sein eigen nennen möchte, der soll sich den Wagen vorstellen, als ob man ihn schon besitzen würde. Wie es sich anfühlt, darin zu sitzen, wenn man das Steuerrad hält und das Gaspedal bedient. Am besten mit allen Sinnen, das Anfassen, das Riechen und Sehen und sogar das Schmecken wird empfohlen. Stetiges Manifestieren und die Dinge geschehen dann wie von alleine. Macht man alles richtig, wird der Lamborghini eines Tages vor der Tür stehen.

Macht man es nicht richtig, nun ja, dann hat man keinen Lamborghini. Falsch gedacht. Gezweifelt. Man hat sich nicht kräftig genug vorgemacht, dass man ihn schon besitzen würde. Der kleinste Zweifel stört, das Bild war nicht klar genug, man war sich unsicher, ob er nun rot oder gelb sein sollte, auch hätte man eigentlich gleich beide favorisierten Modelle. Das wars, zurück aufs erste Feld. Auf ein Neues.

Aber nicht nur Autos und Reichtum, auch Situationen soll man sich so manifestieren können. Den künftigen Ehegatten, die Frau des Lebens, Situationen mit dem Boss, Gehaltserhöhungen samt Karriere in der Firma, Gesundheit, Frieden in der Welt. Das Bewusstsein, der Geist hat die Macht, Dinge in der Welt zu erschaffen, Situationen entstehen zu lassen und alles zu bekommen was es möchte. Der Mensch als mächtiges Wesen und seine Macht heißt Manifestation.

Aus einer ursprünglichen Bekundung ist eine Bestellung geworden.

Eine Bestellung, die selten in Erfüllung geht und wenn, dann nicht genau so, wie man sich das vorgestellt hat. Aus dem Lamborghini wurde ein alter Porsche, das Haus lässt noch auf sich warten und die Haare werden immer weniger. Und wenn man es genau betrachtet, gehörte der Porsche dem vor kurzem verstorbenen Onkel, der Chef wird immer ekliger und die Traumfrau müsste ein Faible für Geheimratsecken haben.

Und alle Skirennfahrer stellen sich die Abfahrt in allen Einzelheiten genau vor, fahren sie im Geiste ab, manifestieren sich auf dem Siegerpodest und doch gewinnt immer nur einer.

Kurzum, sich etwas zu wünschen reicht nicht. Da hilft es auch nicht, wenn man sich das Gewünschte in allen Details vorstellt und so tut, als sei alles schon geschehen. In Tat und Wahrheit geschieht gar nichts, wenn man sich etwas wünscht. Man hat bloß eine neue Erwartung etabliert, man baut sich eine Täuschung, die einem mit größter Wahrscheinlichkeit als Enttäuschung auf die Füße fällt. Bestellungen beim Universum bleiben beim Absender liegen.

Aber warum fällt es manchen Menschen leichter ihre Wünsche zu erfüllen? Was haben die, was man selbst nicht hat? Wie manifestieren diese?

Einfach gesagt gar nicht. Auf jeden Fall nicht so, wie man es in esoterischen Kursen lernt. Wer etwas vom Universum haben will, muss in erster Linie etwas dafür tun. Eine Vorstellung, ein Wunsch, wie dann alles sein soll reicht da nicht. Es ist sogar förderlich, wenn man in einem solchen Falle seine Wünsche und Vorstellungen nur grob definiert und verschiedene Optionen offen lässt. Man will ein Haus. Punkt. Wie es dann aussieht, wo es stehen soll und wie groß es sein soll ist variabel, veränderlich – aber ein Haus soll es sein. Und dann kommt das, wovor viele sich drücken. Es braucht einen Plan. Einen Weg wie man zu diesem Haus kommt. Wenn der Lohn als Angestellter nicht reicht, dann setzt man sich hin, lernt und bildet sich aus um in eine höhere Lohnklasse zu gelangen. Oder man findet eine Möglichkeit ein Geschäft aufzumachen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, doch geht es immer darum, mit offenen Augen Ausschau nach Gelegenheiten zu halten und sie auch zu erkennen. Eine feste Vorstellung, eine Manifestation macht blind und solche Gelegenheiten werden durch die eigenen Erwartungen verpasst.

UPINGTON, SOUTH AFRICA - OCTOBER 16: (FILE PHOTO) A bushman from the Khomani San community strikes a traditional pose in the Southern Kalahari desert on October 16, 2009 in the Kalahari, South Africa. One of the largest studies of African genetics by an international team from the University of Pennsylvania, published in April 2009, revealed that the San of Southern Africa are the most genetically diverse on earth, and that the San homeland could be the spot where modern humanity began. The Central Kalahari Game reserve is one of South Africa's largest nature reserves, bordering Botswana and Namibia, and is home to the San, or Bushmen, the last indigenous people of South Africa. Many of the San groups were forcibly removed from their ancestral land in the Kalahari Gemsbok National Park in 2002 by neighbouring Botswana's government to make way for Diamond Mining, leaving their traditional nomadic hunter-gatherer lifestyle under threat. In 2006 the Bushmen won an historic ruling against the government allowing them to return to their ancestral land. With no direct access to water and the lure of modern trappings many did not return, choosing to stay in the settlements surrounding the park. Researchers at University of Pennsylvania have concluded from gentic research that the origins of mankind can most likely be traced to this region inhabited by the Bushmen or San people. (Photo by Dan Kitwood/Getty Images)

Ein Jäger kann sich die Beute wünschen und vorstellen so viel er will, sie wird nicht von alleine zu ihm kommen. Er braucht eine Falle, eine Waffe und Wissen wo und wie er seine Beute findet und erlegt und nur die Jagt selbst birgt das Potential einer Beute in sich. Wenn er nicht flexibel genug ist, um seiner Beute zu folgen, wenn er falschen Vorstellungen von seiner Beute nach hängt und sie unterschätzt, erhöht er das Risiko, dass er mit leeren Händen zurück kommt. Flexibilität, Improvisationsvermögen und Beharrlichkeit sind die Werkzeuge, mit denen man sich seiner Beute nähert. Auch wenn man lieber ein größeres Wildschwein hätte, das etwas kleinere will auch erst bezwungen werden.

Selbst der erfolgreiche Skifahrer ist derjenige, der am besten und flexibelsten auf die jeweiligen Situationen auf der Piste reagieren kann.

Manche Menschen manifestieren und wünschen ein Leben lang und doch erfüllen sich ihre Wünsche nicht. Weil sie nichts oder das Falsche dafür tun. Ein Ziel ist eine Richtung, in die man gehen möchte und wenn man diese beibehält und das Ziel selbst bei Umwegen nicht vergisst, dann wird man irgendwann in der Nähe dieses Ziels landen. Abkürzungen gibt es, wenn überhaupt, nur wenige. Beharrlichkeit ist die geistige Kraft die es braucht, ja sogar Trotz kann in manchen Situationen richtig sein. Ohne Fleiß, kein Preis ist nicht nur ein Spruch, es ist in der Tat Tatsache, dass hier die Tat gemeint ist, ein aktives Vorgehen mit kleinen Schritten in eine gewünschte Richtung.

Ein Manifest ist eine öffentliche Erklärung, eine Bekundung, ähnlich der guten Vorsätze bei Neujahr und hat wenig bis gar nichts mit dem Weg gemein, den man gehen muss, um wenigstens einige seiner Wünsche zu erfüllen. Es ist eine Passivhaltung, die letzten Endes Enttäuschung und Depressionen verursacht, genau das, was mit der psychologischen Operation genannt New Age beabsichtigt wurde. Wer sich seine Welt zurecht denkt, in Wünschen und Erwartungen hängen bleibt, ist ungefährlich für den Status Quo.

Feste Erwartungen und klar definierte Ansprüche machen blind und taub für Gelegenheiten und alternative Wege. Da lässt man das Manifestieren lieber sein und achtet auf die vielen Zeichen und Möglichkeiten, die das Leben bietet, denn da finden sich die Überraschungen und Wege zu dem was man ist und den Dingen die man haben möchte.

Mfg Chnopfloch

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8 Kommentare

  1. Heiko

    Lieber chnopfloch,
    ich mag Deine Artikel sehr. Bei diesem hier hätte ich mir mehr Differenzierung gewünscht. Denn das, was Du hier beschreibst, betrifft nur einen Teil der sogenannten „spirituellen Szene“, wo mit Sehnsüchten der Menschen Geld gescheffelt wird. Daneben gibt es jedoch auch sehr seriöse Strömungen, die nämlich genau das beschreiben, was Du hier ebenfalls hervorhebst: neben der Vorstellung vom Ziel bedarf es eben auch Handlungen. Manifestation ist eben nicht, sich etwas vom Universum zu wünschen, sich zurückzulehnen und zu warten bis es da ist. Sondern etwas aus der immateriellen Welt (Gedanken, Ideen, etc.) in die materielle Welt zu bringen mit eigenen Bemühungen. Und wenn es „nur“ ist, die Zeichen zu erkennen und ihnen zu folgen. Aber allein da scheitern bereits die meisten. Wie auch sonst? Wir haben es ja nie gelernt.
    Wie war das neulich in einem Deiner Beiträge… LOS LA xxx 😉

    • Beobachterin

      Wieso haben wir es nie gelernt „die Zeichen der Zeit erkennen und ihnen zu folgen“?
      Wie soll man dies gelehrt bekommen? als Schulfach?
      Nein, das Leben – und gute Vorbilder schenken uns Erfahrungen, die wir individuell umsetzen.
      Wie soll man dies Menschen „lehren“???

  2. Holger P.

    mit einer Sache die man haben oder verändern möchte, muss man sich beschäftigen, nicht nur täglich, hauptsächlich tätlich, dann kommt man seinen Zielen näher.

  3. Vielen Dank für diesen Blogartikel.
    Ja und Nein ist meine Antwort.
    Wir sind geistige Wesen die den biologischen Erfahrungskörper gebrauchen.
    Das Bewusstsein ist aus meiner Sicht ein Teil der universellen Quelle, des göttlichen und begleitet uns das Tagesbewusstein das den Körper steuert.
    Wir Menschen sind schon immer in der naturgegebenen Fülle und werden das auch immer sein. (Luft, Wasser, Schlaf, Nahrung, Schutz, Verbindungen/Kontakte, usw). Leider, oder anders gesagt aufgrund des freien Willen entscheiden sich viele im Mangel zu sein. Etwas zu manifestieren das man haben will zeigt den Glauben daran das man es nicht hat und verhindert, dass das Gewünschte zu einem kommt. Alles existiert bereits, doch ob es zu einem kommt oder nicht hängt davon ab wie man denkt und handelt. Ein Wunsch ist somit kontraproduktiv. Zu wissen das es bereits existiert und es einfach anzunehmen dabei danach wahrhaftig streben ist die Lösung. Ob es dann so kommt wie man es sich vorstellt oder anders/besser, dass kann man getrost der Schöpfung und seinem höheren Selbst/Bewusstsein überlassen.
    LG
    Danke für Deine Arbeit.

    • Petra

      Meine Erfahrung, was ich unbedingt haben möchte bekomme ich nicht.
      Mit 32 Jahren wollte ich „endlich“ ein Kind und schwanger werden. Monat um Monat wurde ich nicht schwanger. Als ich zwei Wochen bevor ich 35 Jahre alt wurde wieder meine Tage bekam, gab ich den Kinderwunsch auf. Ich wollte mich nicht verrückt machen, ich akzeptierte das nicht alles nach meinem Willen geschieht. Zwei Wochen später an meinem Geburtstag wurde ich schwanger. Die Wehen bekam ich auf den Tag 9 Monate später. Mit 1 1/2 Jahren stillte ich mein Kind nicht mehr voll. Meine Tochter akzeptierte zwischen durch auch anderes essen. Da wurde ich sofort wieder schwanger. Mein zweites Kind bekam ich einen Monat vor meinem 38 Geburtstag.
      Wenn ich es laufen lasse kommt alles zu mir.

  4. Dominic

    Danke Chnopfloch für dieses Manifest.
    Die Liste der „Manifeste“ ist lang.
    Dieses sei nun bekannt als Manifest gegen den Esoterischen Mumpitz.
    Danke dafür.

  5. Achim

    Sind wir vom Guten überzeugt, so wird das Gute geschehen. Folgen wir unseren Glaubenssätzen und nicht uns, so wird der Glaube geschehen und das Gute niemals gesehen.

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