Dein wahres Gefängnis

Wir leben alle in einem mentalen Gefängnis, den meisten Aufgeweckten ist das heute klar. Doch selbst diese sehen kaum die Gitterstäbe, die sie umgeben. Das Gefängnis, so meint man, bestehe aus Vorschriften, Regeln, Gesetzen, sozialem Druck und dem Zwang Geld zu verdienen, um seinen Unterhalt zu bestreiten.

Jeder vernünftige Mensch verlangt nach Freiheit. Doch ohne Gesetze, sei es auch nur die von der Natur gegebenen, geht es nicht. Ohne etwas für seinen Unterhalt zu tun, geht es auch nicht. Selbst das soziale Leben bedingt Kompromisse. Die einen sehen Freiheit in Reichtum, anderen reicht schon etwas weniger Druck von der Gesellschaft. Etwas weniger Gesetze, etwas weniger von allem und trotzdem sind sie da, die unsichtbaren Gitterstäbe.

Die wenigsten können die wirklichen Gitterstäbe des Gefängnisses sehen, denn selbst wenn sie sich nicht an Gesetze und Vorschriften halten, ja selbst wenn man dem gesellschaftlichen Leben den Rücken kehrt, sind es immer noch Gitterstäbe, die einen behindern der Mensch zu sein, der man gerne sein möchte.

Du stehst morgens auf, weil der Wecker es Dir sagt. Du isst morgens vielleicht nur die Hälfte dessen, was Dich satt macht, schliesslich achtest Du auf Deinen Umfang und Dein Gewicht. Du machst Dich zur rechten Zeit auf den Weg, um den Zug nicht zu verpassen. Verkaufst Deine Lebenszeit nach Stunden, in denen Du für jemand anders etwas tust, wozu Du vielleicht keine Lust hast. Du sammelst Punkte beim Chef. Isst pünktlich zu Mittag und rackerst durch, bis der Gong Dich entlässt. Du beeilst Dich, um rechtzeitig einkaufen zu gehen und machst Dir einen ruhigen Abend und gönnst Dir etwas, aber nicht zu viel davon. Bis Du zu einem bestimmten Zeitpunkt ins Bett gehst, um genug Schlaf zu bekommen, damit Du am nächsten Tag wieder fit bist. Und den ganzen Tag schaust Du unnötig viel auf Dein Crypro-Portfolio – Mist, schon wieder 10% runter.

Kaum jemandem ist bewusst, dass er durch Zahlen kontrolliert wird. Zahlen, die Bestandteil des analytischen Verstandes, der linken Hirnhälfte sind. Mathematik. Nummerologie.

Der Wecker zeigt Dir die Zeit, an die Du Dich zu halten hast. Du meinst, dass zwei Brötchen mehr Dich dick machen. Der Zug fährt, wenn eine gewisse Zahl auf der Uhr erscheint. Du arbeitest eine Anzahl Stunden um eine Anzahl Geldeinheiten zu erhalten, damit Du Dir eine Anzahl an Dingen leisten kannst. Je größer die Punktezahl beim Chef, desto größer ist die Chance etwas mehr von den so dringend benötigten Geldeinheiten zu erhalten. Zeigt dir Uhr die falsche Nummer, bekommst Du nichts mehr im Laden, weil er geschlossen ist. Und der selbe Zahlengenerator am Handgelenk sagt Dir wann Du schlafen gehen musst, um am nächsten Tag nicht wie eine Leiche auszusehen. Die Freiheit versprichst Du Dir, indem Du große Zahlen auf dem Konto hast, die Schönheit, indem Du wenige Zahlen auf die Waage bringst, Erfolge und Misserfolge werden gegeneinander aufgezählt. Karma, Du weißt schon.

Es ist die Zahl auf der Uhr, die Zahl der Brötchen, die gesund für Dich sind, die Zahl an Geldeinheiten, die Dir wichtig sind, die Punkte die Du sammelst, das Datum auf dem Kalender, die Likes auf einen Beitrag den Du geschrieben hast, die Anzahl Freunde auf Facebook, der Betrag auf Deinem Bankkonto, die Anzahl Cryptos oder Goldmünzen die Du besitzt, der Glaube an eine bestimmte Zahl mit der Deine Musik besser klingen soll, die Nummer des Bösen, die Zeitspanne die Du lebst, Deine Gewinne, Deine Verluste, Deine Erfolge, Deine Misserfolge usw.

Die Zahl hat Dich im Griff.

Die Zahlen, die Dir den ganzen Tag begegnen, sind in Wirklichkeit die Gitterstäbe Deines Gefängnisses. Du nimmst sie wichtig, orientierst Dich nach ihnen, mehr ist besser als weniger, manchmal umgekehrt, Du bewertest andere nach ihren Zahlen und wirst von anderen auf Grund Deiner Zahlen bewertet. Kommst Du vor der Zahl, bist Du zu früh, kommst Du danach, bist Du zu spät. Du sammelst Lebensjahre, zählst Deine Kalorien, zählst Dein Geld, bist stolz auf die Anzahl der Dinge die Dir gehören, die Zahl Deiner Freunde. Du verbringst Deinen Tag zwischen Einsen und Nullen, und Zahlen, die auf Webseiten zeigen. Das Unzählige ist Dir verhasst, das nicht kalkulierbare macht Angst, ohne Zahlen zu leben ist fast nicht vorstellbar. Zahlen und zahlen, zwei verschiedene Bedeutungen und so fest miteinander verknüpft.

Und doch sind die Gitterstäbe Deines Gefängnisses aus Zahlen gemacht. Mit Worten hat man Dich eingefangen, durch Überzeugung Dich eingesperrt und mit Zahlen hält man Dich gefangen. Tiere haben keine Zahlen, sie verwenden sie auch nicht. Nur der Mensch lässt sich von Ihnen gängeln, steuern und kontrollieren. Befreie Dich davon!

Mfg Chnopfloch

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13 Kommentare

  1. ein Leben in Kontoauszügen ! bester Kommentar wir werden dazu erzogen nur in Zahlen zu Leben schon die Uhr geht mir aufs Arschloch aufstehen Essen Feierabend In 5 Tagen Miete zahlen ! ach das Taschengeld muss auch Mal wieder erhöht werden für die Kids und und und 😜

  2. Wunderbar, ich denke die vorgelebte Bewertung machts, ich würde die BWL( wie Frank es unten schrieb) zwingend um die Hauswirtschaft und die VWL der libertären Österreicher erweitert sehen, weil der Preis der knappen Güter mir notwendig erscheint und wir haben zusätzlich 6-7 Moante Winter da könnte vieles knapp bemessen sein.
    Und für den Winter kann man ja üben 2 Sack Kartoffel, Rüben und Karotten, 10 oder 20 Kürbisse zu organisieren, wieviele Sonnenblumenkerne oder wieviel Eimer mit Eicheln kann ich gebrauchen. Oder Früchte für Saft, Wein oder Essig.
    Die Bewertung beim Sammeln, Einlagern und beim JaGehn nach oder während dem Regen/Sturm wenn die Walnüsse gefallen sind oder Pilze sprießen hat für mich zum Beispiel eine sinnigere Bedeutung wenn die Jagehtgründe speziell und örtlich gebunden sind aber nix mit dem Töten von Tieren zu tun haben sondern ich such und find für meine Familie die besten Nahrungsstoffe und verwandel sie in Bekömmliches und das Zahl(t) sich für mich aus denn Ehre Vater und Mutter meint nicht blinden Gehorsam sondern eher sei schlau und stark und gesund und mach der Ehre gleich viele ebensolche Glücksfortpflanzungen. Und aus deren Samen wieder.

    Danke für deine tollen Impulse.

  3. Nun, die BWL ist das Fundament dieser Welt. Sage ich als BWL’ler. Sie ist auf Messbarkeit ausgerichtet. Damit Kritik oder Ansporn ohne Empathie erfolgen kann.
    Sobald weiche, menschliche Faktoren ins Spiel kommen, bedarf es besonderer Kommunikationsfähigkeiten. Dieae existieren heute jedoch nur noch rudimentär, da sich niemand mehr mit den Facetten respektvoller und entgegenkommender Gesprächskultur auseinandersetzen möchte. Kommunikation ist nurmehr ein Mittel zum Zweck statt Begegnung und Austausch.
    Zahlen oder Mathematik sind berechnend, im doppelten Sinn auf eine Person bezogen; klar und zugleich kalt.
    Sie vermag so einfach Differenzen erschaffen, ohne dass damit eine Diskussion über sinnvolles Für und Wider gerechtfertigt scheint. Einfach nur Faktum.
    Wie schemenhaft angedeudet ist der Ausbruch ins Vergessensein, bei der Beschäftigung mit Musik, mit Pflanzen, beim Handwerken, ohne das Zeit eine Rolle spielt. Beim BeiSichSein.

  4. Ariane Hermann

    Lieber Chnopfloch
    Nachdem es Dir bewusst ist mit den Zahlen: Hast Du Dich von ihnen befreit?

    • Mehr als Du Dir vielleicht vorstellen kannst. Zahlen sind Werkzeuge und so verwende ich sie auch. Ich lass mich aber nicht von ihnen gängeln, steuern oder kontrollieren.

      Mfg Chnopfloch

  5. und wieder ein genialer Beitrag… danke sehr lieber Chnopfloch…!

  6. Sorry, aber es ist noch viel schlimmer als die blossen Zahlen.
    Es ist das ewige DENKEN-MÜSSEN, ohne welches wir geboren worden sind.
    Du musst den Strom der Gedanken anhalten, nur dann bist du im Hier-und-Jetzt und dein Seinsmittelpunkt ist nicht mehr das Hirn.
    Im anderen Fall wirst du dich immer mit Denken identifizieren, obwohl du merkst, dass es schwer bis unmöglich zu sein scheint, das Denken zu stoppen.
    Dabei ist Denken “nur” eine erlernte Fähigkeit.
    Bewegst du immer die Hand, nur weil du es gelernt hast, die Hand zu bewegen? Nein! Und so sollte es mit dem Denken sein : Es sollte rein optional sein.
    Denken-müssen und das Hirn als Zentrum irrtümlich wahrzunehmen, ist dein wahres Gefängnis.
    Ich bin gegen das “Denken-Müssen”, nicht gegen Denken. Aber so unwillkürlich und unbewusst, wie Denken bei den allermeisten Menschen läuft, kann man nur von einer Geisteskrankheit reden.

  7. Ein Leben in Kontoauszügen

  8. Vielen lieben Dank für Deine Beiträge, Gedanken und Impulse!

  9. Vielen Dank chnopfloch für deine Gedankensprünge…

    Gibt es ohne Zahlen eine bessere Welt?
    Ich glaube nicht die Zahlen sind das Problem – sondern die Vergleiche die damit vom Menschen angestellt werden, wie Du zurecht beschreibst.
    Denn erst der Zahlenmaßstab, festgelegt für Wertungen und Vergleiche, was höher, weiter, schneller, besser, schlechter …. ist – hat den Menschen gefangen gemacht.
    Ich denke, nicht nur ein Mathematiker kann sich ohne die v.g. Vergleiche begeistert Zahlenspielen oder Rechnungen hingeben. Die Wertung sollten aber nur sein – Richtig , Wahr oder Logisch 🙂

    MfG

  10. hubert krauth

    oder wie es in der Bibel stehen soll….Die Zahl, der Zähler und das Gezählte….

  11. Bravo…

  12. Jost Zumbach

    Chnopfloch!
    Du machst die Welt zu einem besseren Ort.

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